Wie wir uns leichter entscheiden können
›In der Debatte über längere Laufzeiten für Atomkraftwerke will die Bundesregierung sich nicht zu einer Entscheidung drängen lassen‹, meldete die Tagesschau diese Woche. Vielen Menschen stockt der Atem, wann immer weitreichende Entscheidungen anstehen. In diesem Beitrag geht es weniger um die nationale Energieversorgung. Eher geht es um Energieeinsparungen, wenn wir lernen, uns leichter zu entscheiden.
Der Schweizer Nationalrat Andreas Groß berichtete vor etwa zehn Jahren in einem Ringgespräch[1] in Düsseldorf über Volksabstimmungen in der Schweiz. Überrascht erfuhr ich: Auch, wenn Menschen mit ihrer Meinung unterlagen, waren sie dennoch zufrieden. Sie waren überzeugt, mitbestimmt zu haben und gehört worden zu sein. Breite Beteiligung scheint ein wesentlicher Punkt zu sein für die gefühlte Sicherheit.
Ähnliches gilt, wenn wir entscheiden: Nicht nur alle Argumente sollten gehört werden, auch alle Meinungen, wenn es anschließend gemeinsam gut und friedvoll weitergehen soll.
⏩ Wer es eilig hat, springe direkt zur ➜ Quintessenz weiter unten …
Hauptsache entschieden
Vermutlich kennen viele von uns die Anspannung, solange etwas nicht entschieden ist. Da ist es Ungeduldigen mitunter lieber, dass schnell entschieden wird, als das Wie und Was.
Am Beispiel der Energieversorgung oben wird die Qual schwebender Entscheidung klar: Es hängen mitunter viele andere, weitere Themen und Alternativen an dem einen Schwebezustand. Etwa bei der Energieversorgung: Wie bereite ich mich auf den kommenden Winter vor, was kaufe ich ein, welche Maßnahmen treffe ich noch?
Das meiste kann ich erst planen, wenn die eine große Entscheidung gefallen ist. Das Warten macht mich vielleicht immer unsicherer. Wenn es dann endlich so weit ist, habe ich Klarheit und Planungssicherheit. Deswegen ist es mir an einem bestimmten Punkt egal wie, Hauptsache, es wird entschieden.
Leidmotiv unentschieden
Ein anderer Aspekt sind zu wenige oder zu viele Alternativen. Beide Extreme können zu Stress und Leid führen, je nach Prägung eines Menschen.
In Moderation, Mediation und Coaching höre ich gelegentlich, es könne nur um das eine oder das andere gehen – also A oder B. Das polarisiert schnell, spaltet vielleicht ein Team in Ablehnende und Befürworter einer Lösung. Nehmen wir eine vierköpfige Familie: Ein Elternteil und ein Kind wollen ans Meer, die beiden anderen in die Berge. Das kann nur mit Gewinnern und Verlierern ausgehen.
Hier kann es hilfreich sein, weitere Optionen zu suchen.
Ganz anders bei einer reichhaltigen Fülle an Optionen. Auch das kann zu Unwohlsein und Unsicherheit führen: Ein leitender Ingenieur sagte mir einmal, er sehe sich nicht in der Lage, dreiunddreißig Optionen zu bewerten. Die Nachfrage klärte, dass er sie alle im Vergleich zueinander gewichten wollte. Der Tipp, jede Alternative für sich allein als Lösung mit Punkten zu bewerten, erleichterte ihn sichtlich. Innerhalb von wenigen Minuten war er fertig.
Auch wir selbst als einzelne Person erleben gelegentlich den Zustand, uns selbst einfach nicht entscheiden zu können. Es ist so, als wären wir gespalten: Ein Anteil ist dafür, der andere dagegen –der Engel sitzt auf der einen, der Teufel auf der anderen Schulter. Und beide haben gute Argumente.
Auch dieses Modell kann man noch erweitern. Ob wir vom inneren Team sprechen oder andere Metaphern bemühen: In uns gibt es viele verschiedene Parteien, die mitsprechen wollen. Etwa den träumenden, denkenden, handelnden und neutralen Anteil – ähnlich der Walt Disney-Methode.
Quintessenz erleichternd
Erleichternd ist nicht nur, wenn der Knoten sprichwörtlich platzt und das Urteil gefällt ist – man endlich weitermachen und sich den anderen alltäglichen Aufgaben widmen kann. Ebenso entlastend sind hilfreiche Methoden, die unterstützen, in kniffligen Fragen zu einer Haltung, einer Position, einem Entschluss zu kommen.
Die Möglichkeiten sind vielfältig. Hier nur ein Beispiel für eine persönliche Entscheidung mit zwei Alternativen: Wirf eine Münze, würfele oder lasse auf andere Weise den Zufall entscheiden.
Etwa: Eine Maschine soll angeschafft werden – ob in Küche, Keller oder im Unternehmen. Es geht um Kaufen oder nicht.
- Nimm eine Euro-Münze. Auf der einen Seite ist die Zahl.
- Nun wähle, für welche Option die Zahl steht.
- Je nach Geschicklichkeits-Level wirf die Münze hoch in die Luft oder drehe sie wie einen Kreisel auf dem Tisch.
Welche Seite der Münze zeigt sich zuoberst? Wichtig ist jetzt, auf das entstehende Gefühl beim Ergebnis zu achten.
Ist es Enttäuschung oder Erleichterung angesichts der Zufallswahl? Nicht die Münze, sondern dieses Gefühl weist den Weg zur Entscheidung: So hat man nicht nur den Kopf, sondern vielleicht auch Herz und Bauch mit ins Boot geholt.
Eine andere Methode, gerade in Beziehungsdingen oder persönlichen Konfliktsituationen: Wie würde ich entscheiden, wenn es kein morgen gäbe – wenn heute der allerletzte Tag für mich wäre? Viele unwichtige Optionen treten so schnell in den Hintergrund.
Die Woche der Entscheidungen
Es gibt viel zu lernen, wenn es um Entscheidungen geht. Die Aktionswoche dazu startet am 1. August 2022 mit unterschiedlichen, diese Woche kostenlos buchbaren Angeboten, mit dem Ziel, entscheiden leichter zu machen.
Die gute Nachricht
Unabhängig davon, wie man sich entscheidet: Nur wenige Entscheidungen lassen sich nachträglich nicht revidieren. Wahrscheinlich sind dann Schäden oder Kosten entstanden. Sehr sicher ist man erst einmal einen Umweg gegangen. Doch auch hier könnte der Weg das Ziel sein.
#GemeinsamGehtDasBesser
Ich gehe von der Überzeugung aus: Veränderungen beginnen am ehesten und leichter bei mir selbst, wenn ihre Effekte deutlich und nachhaltig sein sollen. Diese Beiträge sollen das Denken in Möglichkeiten anregen – wie es anders besser funktionieren könnte.
Ich selbst bin gerade in einer Situation, eine Entscheidung zu treffen, die mein Leben verändern wird. Vielleicht werde ich hier davon schreiben, wie ich mich entschieden habe. Wenn nicht, war auch das Teil der Entscheidung.
Leben ist die Summe meiner Entscheidungen.
Ich weiß nicht, wer das gesagt hat. Doch ich weiß: Jeder neue Tag Leben ist ein Geschenk. Was hätten wir zu verlieren, wenn wir uns jetzt entscheiden, in unserem Sinne zu leben? Also los!
Jetzt folgen
In Kontakt bleiben mit Tom Müller? Hier folgen …
Weitere Fotoquellen
Beitragsbild
alevision.co via Unsplash
Porträt Tom Müller
- Foto: Moritz Kaschel, Wuppertal
- Lokalität: Zur Goldenen Idee, New Work Lab, Düsseldorf
Quellenangaben
[1] https://www.omnibus.org/projekte/ringgespraech/