In drei Schritten zur Genossenschaft
In der Begrüßungsrunde sagten mir mehr als ein Drittel der anwesenden Geschäftsführer kleiner und mittlerer Druckereien sinngemäß: ›Wenn wir heute nicht einen deutlichen Schritt weiter kommen, steige ich aus.‹ Bereits zweimal hatten sich die knapp zehn Unternehmensführer getroffen und versucht, den Rahmen eines Kooperationsnetzwerks abzustecken. Doch irgendwie waren sie nicht weiter gekommen. Ein Teilnehmer kannte die Gruppenintelligenz-Effekte bereits und bat für die Runde um Unterstützung. Und dann ging alles rasant.
Fast alle beteiligten Unternehmen kamen aus einem andern Unternehmensverbund und hatten dort feste Strukturen vorgefunden – sich zu ihnen bekannt und sich integriert. Doch in der neu gewonnen Autonomie steckte man irgendwie fest, ohne wirklich genau zu wissen, warum.
Effizienzfaktor Nr. 1: Externe Moderation
Während der Gestaltung eigener Richtlinien für eine Zusammenarbeit wurde eine Schwierigkeit deutlich: Es ist nur schwer möglich, für die eigene Position einzustehen, für sich zu sprechen und gleichzeitig den Ablauf zu steuern. Im ersten gemeinsamen Treffen konzentrierte ich mich auf mediative Moderation. Das heißt, alle Meinungen auf den Tisch zu bringen, die individuellen Bedürfnisse zu erhellen und Verständigung zu erzielen.
Gegen Ende des ersten Treffens wechselte ich die Rolle, verwandelte mich zum Berater. Ich zog ein Resümee aus dem, was ich gehört hatte und empfahl eine von nun an strukturierte, von außen gesteuerte Vorgehensweise – die Entwicklung einer gemeinsamen Vision und Strategie. Das Votum der Teilnehmenden war einstimmig und ein Stimmungswandel spürbar.
Effizienzfaktor Nr. 2: Visions- und Strategie-Entwicklung
Bei der Strategieentwicklung nutze ich eine schlichte Vorgehensweise. Die Methode wurde von der Schweizer Kollegin Manuela Brinkmann aus dem NLP-Coaching weiterentwickelt – für die Strategieentwicklung kleiner und mittlerer Unternehmen. Sie zeichnet sich durch Klarheit, große Effizienz und Flexibilität aus.
In diesem Fall war im ersten Gespräch schon ein Effekt aufgetreten, den ich aus Gruppen mit großer Aufmerksamkeit für Aufgaben und Sachinformationen kenne: Man verfranzte sich schnell im Dschungel der Details und kam so immer wieder vom Weg ab. In solchen Gruppen starte ich lieber von oben nach unten – von der Vision beginnend in die Ebenen der Details. Anderen Gruppen beginnen mit der Bestandsaufnahme der Details rund um das Unternehmen, wie z. B. Produktionsmittel, Kunden, Lieferanten und anderen Umgebungsparametern.
Effizienzfaktor Nr. 3: Gemeinsame Ausrichtung
Im Laufe von Visions- und Strategie-Entwicklungen wird immer deutlicher: Es geht darum, sich auf eine gemeinsame Zukunft auszurichten. Mehr noch: Bei der Festlegung der Wertehierarchie ringen die Beteiligten um die Grundlage ihres Strebens – um die Wertehierarchie, denen die Gemeinschaft folgen wird.
Der Lohn der intensiven Vorarbeit ist die Zeitersparnis in der Zukunft. Die gute (Arbeits-)Vorbereitung bildet eine stabile Basis für weitere Schritte und Entscheidungen in der Kooperation, im Netzwerk, im Unternehmen. Und so stand am Ende der Strategie-Entwicklung fest, dass eine Genossenschaft gegründet werden würde. Diese Rechtsform passte am besten zu dem, was in der Strategie formuliert wurde.
Positive Rückmeldungen
Die Rückmeldungen der beteiligten Unternehmer waren durchweg positiv: ›Alleine hätten wir das nie geschafft, wären vorher auseinander gegangen.‹ ›Wir hätten alleine mindestens die doppelte Zeit benötigt.‹
Für den heutigen Genossenschaftsvorstand Jens Wahren ist klar: ›Ohne die stringente Moderation und Führung durch den Prozess der Strategie-Entwicklung würde es die MedienPrintPartner-Genossenschaft heute nicht geben.‹
Effizienzamortisation
Unternehmen und Kooperationsnetzwerke warten oft lange bis zu der Entscheidung, einen externen Profi dazu zu holen. Sie scheuen die Kosten, warten bis der Leidensdruck sehr groß geworden ist oder das Netzwerk auseinanderzubrechen droht.
Doch diese Investition amortisiert sich rasch, wie dieses Beispiel zeigt: Die einhellige Meinung der Teilnehmenden war, dass sie alleine mindestens die doppelte Zeit benötigt hätten. Der gesamte Prozess vom ersten Treffen bis zum Gründungsbeschluss der Genossenschaft hatte drei Tage gedauert, durchschnittlich waren zehn Führungspersonen anwesend.
Wenn die Einschätzung stimmt, dass die Gruppe allein die doppelte Zeit benötigt hätte, sparten sie nun also: 3 Tage × 8 Stunden × 10 Führungskräfte. Wenn man nur 80 Euro Stundenlohn für Geschäftsführende ansetzt, ergäbe sich ein Ersparnis von 12.800 Euro! Plus die gewonnenen drei Tage, die man eher mit dem Geschäft starten kann – oder sich wohlverdient ausruhen.