Wie Gruppenintelligenz bei Veränderungen hilft – Teil 2
Der erste Teil dieser Beitragsserie beschäftigte sich mit der Bereitschaft, Veränderungen anzunehmen. Doch wie geht es dann weiter? Häufig erlebe ich, dass es erst ziemlich schlimm werden muss, bis man sich auf den Weg macht. Dann höre ich Fragen wie: Wo fängt man an? Was zuerst und was danach? Wie sicher stellen, nicht in den alten Trott zu verfallen? Auch hier hilft die Weisheit der Vielen. Doch eins nach dem anderen …
In Gruppenintelligenz-Kreisen begleitete ich seit über zehn Jahren viele hundert Menschen. Sie haben mutig ihre Themen eingebracht und oft auch bewältigt. Ein strukturierter Ablauf hilft der Gruppe, sich schnell einem Problem zu nähern und eine Fülle neuer, oft einzigartiger Ideen und Ansätze zu entwickeln. Die Effekte sprechen für sich – und die Rückmeldungen.
In vitalen Besprechungen und Gruppenintelligenz-Kreisen trenne ich den Ablauf Themenbearbeitung konsequent in drei Phasen:
- Informations-Phase,
- Kreativ-Phase,
- Auswertungs-Phase.
Dieser Teil der Beitragsserie ›Wie Gruppenintelligenz … hilft‹ beleuchtet die Informations-Phase.
Informationen sind das Fundament für alles Weitere
Der österreichische Komponist Anton Bruckner formulierte plausibel: ›Wer hohe Türme bauen will, muss lange beim Fundament verweilen<. Solide Informationen sind die Basis – besser Startrampe – für den gesamten weiteren Ablauf. Hier lohnt es sich, aufmerksam zu sein.
Die wichtigste Information ist: Wo soll es hingehen, was ist zu klären, die Frage, das Thema? Gute Voraussetzungen sind die gemeinsame Ausrichtung auf und Zustimmung zum Ziel, sowie ein einheitliches Verständnis desselben. Dies gilt für vitale Besprechungen mit Ergebnissen, agile Mitarbeit in Gruppen, den gemeinsamen Flow des Teams – eben generell für Gruppenintelligenz.
In offenen Kreisen widmet sich die Gruppe der Teilnehmenden ausgiebig der Klärung des Auftrages. Meist hilft es, wenn das Thema als Frage formuliert wird. Diese Fragen sind und waren stets außergewöhnlich vielfältig – im beruflichen wie im privaten Kontext:
- Wie können wir mehr neue Kunden gewinnen?
- Wie schaffe ich es, erfolgreich in die Selbstständigkeit zu kommen?
- Wie kommen wir in die Gewinnzone mit Produkt X?
- Wie kann ich in Konflikten offen und flexibel bleiben?
- Was kann ich tun, meine Beziehung zu verbessern?
- Wie delegiere ich so, dass ich das bekomme, worum ich bitte?
- Wie kann ich mich ablösen und auf eigene Füße stellen?
- Wie setzte ich Grenzen ohne zu verletzen?
- Was muss ich tun, meine Berufung zum Beruf zu machen?
- Und viele mehr.
Informationsaustausch bedingt Achtsamkeit und Konzentration
In der Informations-Phase geht darum, alle notwendigen Fakten mit der Gruppe zu teilen. Der Kreis erfährt die Details zu Umfeld und Historie des Themas. Wie ist konkrete Situation, wie kam es dazu, was wurde bisher versucht und geschah daraufhin?
Im Anschluss an diese Phase haben alle Teilnehmenden die Aufgabe, weitere Informationen zu beschaffen, eigene Fragen zu stellen. Hier offenbart sich eine typische Falle im Ablauf, die uns im Alltag oft zum Verhängnis wird. An diesem Punkt im Ablauf werden oft schon Lösungen in die Runde geworfen oder Vorschläge bewertet und gar diskutiert. Dazu ist es in der Regel viel zu früh. Die negativen Effekte:
- Lösungen werden aus der Hüfte geschossen, ohne die Zusammenhänge genau beleuchtet, erfahren oder verstanden zu haben. Dann wird es zäh, Vieles muss erklärt und korrigiert werden.
- Derjenige, um den es geht, kommt zunehmend unter Druck, weil es sich anfühlt, als müsse man sich dauerhaft erklären, gar rechtfertigen. Andere nehmen scheinbar die Haltung ein, mögliche Lösungen zu kennen – es besser zu wissen.
Der zu frühe Einstieg in die Lösungsfindung verhindert, dass Informationen weiter fließen können – dass alle Umstände deutlich werden. Das Gruppensystem ist in wechselnde Richtungen unterwegs, kommt aus dem Rhythmus und dem Flow.
Nützlicher ist es, bei Fragen zu bleiben. Diese allein lösen schon eine Fülle von Lösungsansätzen und neue Suchprozesse beim Problemeigner aus.
Fragen, fragen, fragen – und in die Ecken leuchten
In der offenen Fragerunde während der Informationsphase geht es darum, alle möglichen Details zu enthüllen. Was könnte hier hilfreicher sein, als Fragen zu stellen? Hier sind ›echte Fragen‹ gefragt!
Wir haben es alles irgendwann einmal gelernt: Offene Fragen beginnen mit Fragewörtern – ›W‑Wörtern‹ wie hier: Wann, warum, was, wem, wen, wer, weshalb, wessen, weswegen, wie, wieso, wo, woher, woran, wozu.
Der Vorteil offener Fragen: Man erfährt mehr aus der Perspektive der Befragten. Die Antworten zeichnen ein wesentlich größeres, detailreicheres Bild. Bei geschlossene Fragen bleiben Antworten relativ fruchtlos – wenn man nur mit Ja oder Nein antworten kann.
Fragekompetenz ist eine entscheidende Führungsqualität
In der Informations-Phase lernen Teilnehmende meiner Veranstaltung eines der wichtigsten Handwerkszeuge für die Kommunikation: Fragen stellen. Eine Fähigkeit, die essenziell und wertvoll ist für Verständnis und Verständigung. Sie ist ein Führungsinstrument und sollten bestens beherrscht werden.
Richtig fragen ist eine Herausforderung. Es hilft außerordentlich, wenn sich Fragende genau überlegen, was sie eigentlich vom Gegenüber wissen wollen. Ich beobachte oft, dass nur eigene Annahmen überprüft werden sollen. Die lenkt den Befragten zu sehr in eine bestimmte Richtung. Diese Gefahr besteht bei geschlossenen Fragen mehr, offenen deutlich weniger. Dieses tendenziöse Risiko wird durch Gruppenintelligenz weitestgehend ausgeschlossen. Wenn auch nicht ganz.
Fragekompetenz hilft im Alltag ungemein – ob im privaten oder beruflichen Umfeld. Wer fragen kann, hat das Führungswerkzeug Nummer 1 im Werkzeugkasten. Weder Coaches, Therapierende, Beratende noch Verkaufsverantwortliche kommen ohne diese Kernkompetenz aus.
Wie schön wäre es, wenn es gelänge, echte, offene Fragen zu stellen und sich auf die Beschaffung von Informationen zu konzentrieren. So erhielten Besprechungen, Veränderungs- oder Kreativ-Prozesse ein wirklich solides Fundament für Verständigung und Verständnis.
Allein diese Phase in einem Gruppenintelligenz-Kreis zu erleben lohnt schon den Besuch – und sich hier üben zu können.
Wie Gruppenintelligenz-Kreise in der Kreativ-Phase arbeiten, erläutere ich Teil 3 dieser Beitragsserie.
Fragen, Anregungen, Meinungen
Gibt es Anregungen, Meinungen, Ergänzungen zu vitalen Besprechungen oder der Informations-Phase? Ich freue mich auf Fragen, Reaktionen und Kommentare.
Vielen Dank.
Tom Müller, Gruppenintelligenz-Coach
Komplette Beitragsserie
Alle Beiträge der Serie ›Wie Gruppenintelligenz bei Veränderungen hilft‹ hier:
- Teil 1: Wenn der Wind der Veränderung weht, …
- Teil 2: Wer fragt, der führt …
- Teil 3: Kreativ, aber richtig …
- Teil 4: Auswerten, aber richtig …
Weiterführende Informationen
Feedback zu Gruppenintelligenz-Kreisen
Viele Teilnehmende haben bestätigt, dass sich ihre Themen, Herausforderungen, Aufgaben und Probleme nach den Besuchen eines Gruppenintelligenz-Kreises in Richtung (Auf-)Lösung bewegen. Manchmal wie von selbst, scheinbar ganz leicht.
Rückmeldungen von Teilnehmenden …
Die nächsten Termine
Die nächsten Gruppenintelligenz-Kreise in den Regionen …
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