Wir tollen Hechte können uns drehen und wenden wie wir wollen. Ich meine, wir Helden in Freiberuf und Wirtschaft, die Tag und Nacht einsatzbereit sind – die wir unseren Mann stehen, das Smartphone griffbreit im Holster. Wir sind ein Auslaufmodell, wenn wir so weitermachen. Wir werden verblöden, verstummen – zuletzt tumb in einer Ecke des Büros sitzen, nicht mehr in der Lage, Hilfe zu rufen, unseren totalen Ausbrand abzuwenden.
Eine Studie des Finnischen Instituts für berufliche Gesundheit belegt die Folge von Überstunden: ›Der Wortschatz sinkt und ebenso die Intelligenz.‹ Da haben wir’s: Zu viel Arbeit macht nicht nur krank, sondern auch blöd und stumm. Und jetzt?
Gerade heute am Montag erlebe ich, wie wunderbar heilsam ein fast freies Wochenende wirkt. Mein Kopf ist frei, meine Ideen sprudeln und der Text fließt fast wie von selbst in die Tastatur.
Letztes Wochenende lag mein Smartphone über Stunden unbeachtet in der Ecke – stumm geschaltet. Auch wenn ich doch noch zwei Stunden im Büro aktiv war, habe ich etwas anders gemacht. Statt eben noch E‑Mails zu checken und mal schnell zu beantworten – oder über hundert Teilnehmerbewertungsbögen in die entsprechende Exceltabelle zu übertragen –, habe ich meinen Schreibtisch aufgeräumt, einen Karton voller Störfaktoren in den Keller geräumt. Ich habe mir Freiheit genommen und Freiraum geschaffen.
Was war passiert?
In den letzten Wochen gehörte ich genau zum Typus workaholicus, der sich freiberuflich und doch völlig unfrei bis zehn Uhr nachts vom kalten Licht des Monitors eine blassen Teint verpassen lässt.
Oft sitzen die inneren Antreiber uns schon ganz lange im Nacken und ganz tief.
- Vielleicht ist es der archaischer Jäger in mir, der mich weiter antreibt: ›Los, Du hast noch keine Beute gemacht. Weiter! Weiter! Weiter!‹
- Vielleicht ist es ein alter Glaubenssatz, den ich buchstäblich mit der Muttermilch mitbekommen habe: ›Ohne Fleiß, keinen Preis.‹
- Vielleicht ist es der Perfektionist in meinem Inneren Team, der will, dass ich immer noch besser werde, ein Stückchen weiter komme, es noch brillanter formuliere.
Und dann kommt das, was die Studie belegt:
Zum Beispiel in Form einer Schreibblockade: Der Bildschirm bleibt weiß und jeder angefangene Text wird am nächsten Morgen dem digitalen Papierkorb gewidmet. Oder auch gern in Form mangelnder Präsenz. Da werden noch mal ein paar Dutzend Mails mit halbherzigem Inhalt rausgehauen – auch mal mitten in der Nacht. Oder aber irgendwelche Arbeiten am Schreibtisch gemacht, die zwar gemacht werden müssen und gerade in diesem Moment mehr Energie fressen als nötig. Sie ziehen mich weiter runter. Ich arbeite zwar, aber an der Zerstörung meines schöpferischen Fundaments, meines Selbstbewusstseins, meiner Kreativität.
Ja, auch tappe gelegentlich in diese Falle.
Und dann zitiert mir jemand meine eigenen Sprüche: ›Es macht keinen Sinn mit noch mehr Anlauf gegen die gleich Wand zu rennen. Lieber mal im Abstand stehen bleiben, rechts und links schauen, ob da nicht irgendwo eine Tür ist.‹
Und dann nehme ich mir meine Auszeit, schaffe Abstand, lasse dem Geist Auslauf – in wieder zum Freigeist werden.
Gemeinsam geht es besser:
Wir haben ähnliche Themen – ob der Unternehmensinhaber vor seinem eigenen Ruhestand oder Studierende, die ins Arbeitsleben wollen. Ich habe hunderte Menschen in Gruppen gesehen. Dort haben sie sich aufgeladen und sind motiviert herausgegangen. Manche auch, um ein paar Monate später vielleicht noch einmal die gleiche Schleife zu fahren.
Das ist das Geheimnis:
Veränderung ist ein kontinuierlicher Prozess. Das bedeutet sich immer wieder zu beobachten und auf sich zu achten. Sich vielleicht in eine der Runden Gleichgesinnter begeben, sich tragen, helfen, aufleben und aufladen zu lassen. Diejenigen, die regelmäßig kommen, wissen es: Man muss nicht alles alleine machen. Gemeinsam sind wir stark, gesund, kreativ und motiviert. Auch, wenn es mal nicht glatt läuft.
Und dann kann auch ich meinem archaischer Jäger sagen: ›Leg Dich mal einen Moment unter diesen Baum, genieße die Weite der Steppe, den Wind und die Sonne.‹ Und dann kommt die Ausbeute von ganz allein – und vielleicht aus ganz anderer Richtung.