Wie die Unternehmensnachfolge zu einem Fest für alle wird

Oder war­um es mehr braucht, als Steuerberater, Banker und Notar.

Ich habe gese­hen, wie es nicht geht. Der Gründer und Inhaber eines eta­blier­ten Unternehmens konn­te nicht wirk­lich los­las­sen. Seine drei Kinder waren sich aus­nahms­wei­se einig und hat­ten einen gemein­sa­men Plan – vol­ler Ehrgeiz, Zukunftsfähigkeit, Ideen und Zuversicht. Und den­noch ließ der Senior nicht los. Knapp drei Jahre nach dem Ende mei­nes Mandats ging das Unternehmen in die Insolvenz – das rie­si­ge Firmengelände in einer Deutschen Metropole an die Bank. Die Belegschaft stand auf der Straße.

mann altenheim person lebenszeit zeitspanne; Creative Commons CC0 1.0 Universal Public Domain Dedication via Pixabay

Ich habe mich lan­ge gefragt: Woran hat es gele­gen, dass der Unternehmer nicht los­las­sen konn­te? Ich bin über­zeugt, es waren eher per­sön­li­che, emo­tio­na­le Gründe. Vielleicht spiel­te auch die Scham des Seniors eine Rolle, was Fehlentscheidungen und Verbindlichkeiten anging.

Nicht nur an die­sem Beispiel wur­de mir klar, dass es für eine gelin­gen­de Unternehmensnachfolge mehr braucht als Marketing- und Businesspläne, Verkaufs- und Notarverträge oder die Einigung über Kaufpreise und Verrentung. Die Hamburger Kollegin Katrin Kuhls schreibt mir aus der Seele in ihrem Blogbeitrag beim Internationaler Controller Verein e. V. Unter der Überschrift ›Unternehmensnachfolge – wie kann sie auch emo­tio­nal gelin­gen?‹ beginnt auch sie beim Unternehmenseigner und sei­nen Emotionen. Auch ich möch­te ich mich dem Thema anders nähern: Menschlich, unter­neh­me­risch, wirtschaftlich.

Unterschiedliche Motivationsfaktoren konkurrieren

menschen mann generationen sitzen sms; Creative Commons CC0 1.0 Universal Public Domain Dedication via PixabayDie Gründe für einen Unternehmensübergang sind viel­fäl­tig. Doch unterm Strich ist und bleibt es das Eine: Ein akti­ves Berufsleben neigt sich dem Ende. Gesegnet sind die­je­ni­gen, die an die­ser Schwelle leich­ten Herzens und mit einem Lächeln auf dem Gesicht los­las­sen und in den Ruhestand sprin­gen kön­nen. Das fällt dem ein oder ande­ren Angestellten schwer.

Auf der ande­ren Seite steht die nächs­te Generation – unge­dul­dig, vol­ler Ideen und auch mit der einen oder ande­ren Portion Sorge ganz hin­ten im Hinterkopf. Doch davon lässt sich die Jugend kaum auf­hal­ten. Sie wol­len ans Ruder, es oft genug anders machen – sich und der Welt bewei­sen, was sie drauf haben.

Familiengeschichten und Unternehmenszweck

Bei Familiennachfolgern steckt oft genug auch der Wunsch dahin­ter, es den Alten und allen ande­ren end­lich zu bewei­sen, was in ihnen steckt. Dass es hier zu emo­tio­na­len Schieflagen, wegen kleins­ter Kleinigkeiten kom­men kann, ist vor­her­sag­bar. Kollegin Kuhls beschreibt Beispiele in ihrem Blogbeitrag.

großeltern alte fotos alte menschen ältere menschen; Creative Commons CC0 1.0 Universal Public Domain Dedication via PixabayHier gilt es anders vor­zu­ge­hen, als es alte Weggefährten, wie Steuerberater, Banker oder Notar ange­hen wür­den. Hinter ver­schlos­se­nen Türen arbei­te ich erst ein­mal mit den Senioren. Sie wer­den sich wirk­lich oft zum ers­ten Mal bewusst, was sie brau­chen für die Zeit nach dem Ausscheiden. Hier geht es nicht um eine Kaufsumme. Oft steckt in Details oder unte­ren Schubladen noch viel mehr Überlegenswertes.

Gerade in Familienbetrieben höre ich hier ger­ne Überraschendes, was den Menschen wich­tig ist. Die einen wol­len ihr Unternehmen ihren eige­nen Kindern gar nicht über­las­sen. Das meist weni­ger aus Egoismus, mehr aus Fürsorge. Sie wol­len ihnen den auf­rei­ben­den Kampf ums Überleben erspa­ren – oder die ver­steck­ten Altlasten.

Nachfolgerkompetenz und Verantwortungsgefühl

Mitunter steht an die­sem Punkt zum ers­ten Mal die Frage im Raum, wer über­haupt nach­fol­gen könn­te – an wen über­haupt ver­kauft wer­den kann oder soll­te? Verwandte oder Angehörige, frem­de Investoren, Wettbewerber, Marktbegleiter oder gar die Belegschaft? Wenn klar ist, was dem schei­den­den Unternehmenseigner wich­tig ist, lässt sich auch die­se Frage bes­ser beantworten.

herbst alter mann erinnerungen tomaten natur; Creative Commons CC0 1.0 Universal Public Domain Dedication via PixabayDie Motivationsfaktoren sind dort ganz unter­schied­lich: Die einen wol­len wirk­lich nur eine akzep­ta­ble Kaufsumme oder Abfindung und dann die Tür schlie­ßen. Andere drü­cken Verantwortungsgefühl oder gar Sorge, wenn es um die Arbeitsplätze der Belegschaft geht. Wiederum ande­re müs­sen und wol­len unbe­dingt aus Bürgschaften ent­las­sen wer­den, damit das Damoklesschwert über dem eige­nen Haus und Grund ver­schwin­det. Mitunter geht es um zukünf­ti­ge Vertragsdetails, wie die Vermietung von Betriebsimmobilien oder ein­fach die monat­li­che Rente.

All dies sind Details, die auf der Juniorseite noch gar nicht ins Bewusstsein gedrun­gen sind. In vie­len Fällen arbei­ten die Nachfolger in spe schon im Betrieb und glau­ben, alles läuft doch gut und wür­de noch bes­ser wei­ter­lau­fen – wenn sie nur end­lich schal­ten und wal­ten könn­ten. Die gro­ße Überraschung oder Ernüchterung tritt oft dann ein, wenn zum ers­ten Mal eine Kaufsumme genannt wird. Ich habe Gesichter gese­hen, die alles an Farbe ver­lo­ren. Doch damit nicht genug.

Überraschungen und Stolpersteine

Selbst wenn man sich über Kaufpreis und Konditionen einig ist, gibt es eine wei­te­re dras­ti­sche Hürde. Das ist der Moment, wo klar wird, dass der Kaufpreis gar nicht auf­ge­bracht wer­den kann – oder nur unter wid­rigs­ten Umständen. Auch das sind ernüch­tern­de Momente. Da muss das eige­ne Heim belie­hen wer­den. Man geht mit allem, was man hat, ins Risiko. Oft genug tre­ten hier die Ehepartner erst­ma­lig mit in den Verkaufsprozess ein.

familie mutter tochter frauen weiblich frau; Creative Commons CC0 1.0 Universal Public Domain Dedication via PixabayZu die­sem Zeitpunkt kann der ange­hen­de Übernahmeprozess eine emo­tio­na­le Achterbahnfahrt wer­den – für alle Beteiligten. Es leuch­tet ein, dass hier weder Steuerberater noch ande­re betriebs­wirt­schaft­li­che Berater kaum etwas bei­tra­gen kön­nen. Im Gegenteil: Oft wer­den lang­jäh­ri­ge Berater von den poten­zi­ell Nachfolgenden eher als par­tei­isch wahr­ge­nom­men – was sie ja auch sind. Sie wer­den nicht nur von den bis­he­ri­gen Eigentümern hono­riert. Sie sind ihnen auch durch die gemein­sa­me Historie ver­pflich­tet. Hier braucht es jeman­den, der von bei­den Parteien akzep­tiert wird.

Fazit und Ausblick

Es braucht es mehr Kompetenz als nur wirt­schaft­li­che und recht­li­che. Es geht in der Regel um mehr als Geld und Zinsen – um mehr als nur den Stab aus der Hand geben. Auch über den Kreis der Vorgänger und Nachfolger hin­aus kann es sinn­voll sein, ande­re mit ein­zu­bin­den. Wie all dies effek­tiv und ziel­füh­rend gelin­gen kann, erfah­ren Sie in der Fortsetzung.

In die­sem Sinne: Gutes Gelingen und
vie­len Dank für Meinungen, Kommentare und Anregungen hier.
Tom Müller

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Quellen

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