Führung gut, Mitarbeitende glück­lich, Unternehmen erfolgreich

Teil 2: Wieso es Arbeit 4.0 nicht geben wird

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Wenn es doch nur so ein­fach wäre, wie es sich man­che vor­stel­len: Man arbei­tet über hun­dert Jahre lang nach preu­ßi­schen Prinzipien, ver­schläft dann (fast) einen Megatrend, der die kom­plet­te Gesellschaft umkrem­peln wird und ruft dann kur­zer­hand ›Arbeit 4.0‹ aus. Das war bereits im April 2015. Doch wer hat inzwi­schen ein Bild, wie genau arbei­ten in Zukunft aus­se­hen wird? Und um beim Thema zu blei­ben: Wie wird Führung in Zukunft aussehen?

Arbeiten 4.0 ist ein soge­nann­ter Dialog, den das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im April 2015 star­tet. Die bis­lang vier Expertentreffen sind zusam­men­fas­send doku­men­tiert und kön­nen unter der in den Quellen unten ange­ge­be­nen Adressen her­un­ter gela­den wer­den. In die­sen vier Workshop-Dokumentationen fin­den sich fast vier­zig­fach Begriffe wie ›muss‹ und ›müs­sen‹ wie­der, doch nur knapp ein Dutzend Mal ›Führung‹.

Nur der Ausblick in der Dokumentation des vier­ten Workshops macht Appetit: ›Die Diskussionsergebnisse die­ses Workshops bil­den die Grundlage für die Fortführung der Workshopreihe im Jahr 2016 mit den Schwerpunkten sozia­le Absicherung, Arbeitsrecht und Mitbestimmung sowie gute Unternehmensführung.‹ Andere Experten, die nicht Teil der exklu­si­ven Dialogrunde im Ministerium sind, wer­den viel schnel­ler viel konkreter:

Mit gutem Beispiel voran

Ich den­ke ich bin mit den meis­ten Lesern hier in einer Überzeugung einig: Eine wesent­li­che Aufgabe einer Führungspersönlichkeit ist die Vorbildfunktion. In brei­ten Teilen der Gesellschaft erle­ben wir anhand von Untersuchungen, wie es sich auf das Ansehen von Vorständen aus­wirkt, Wasser zu pre­di­gen und Wein zu saufen.

Konkreter wird Autor Oliver Blüher in dem Artikel der Wirtschaftswoche: ›Performance-Stress hier, Deadline-Druck dort – und noch dazu die regel­mä­ßi­gen Quartalszahlen oder Berichte. Angesichts des stei­gen­den Pensums kön­nen plötz­lich selbst die bes­ten Chefs ihre Vorsätze ver­ges­sen und in einen auto­ri­tä­ren Kommandanten-Modus ver­fal­len. Doch die­ser Modus ist gera­de im Zeitalter der Digitalisierung alles ande­re als empfehlenswert‹.

Bullshit-Jobs

Eine weni­ger wert­schät­zen­de Bezeichnung hat Prof. David Graeber an der London School of Economics (LSE) für die Führungsaufgaben des mitt­le­ren Managements. Er nennt sie schlicht ›Bullshit-Jobs‹ und gibt sich über­zeugt im Dokumentarfilm ›Mein wun­der­ba­re­rer Arbeitsplatz‹. Ihm zufol­ge hin­ge die Unzufriedenheit Vieler in Unternehmen nicht nur mit der zuneh­men­den Zahl der Kontrollierenden zusammen.

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David Graeber über ›Bullshit Jobs‹.

Unter dem Aspekt des gesell­schaft­li­chen Nutzens ver­gleicht er Müllmänner, Ärzten und Piloten – ohne die die Gesellschaft arm dran wäre – mit weni­ger nütz­li­chen Berufsbildern wie Personal- oder gesell­schaft­lich gar schäd­li­chen, wie Hedge-Fond-Beratern. Er beschreibt die Ursache der Unzufriedenheit: Manche Berufsgruppen wer­den umso bes­ser bezahlt wer­den, des­to gerin­ger deren gesell­schaft­li­cher Nutzen ist. Ähnliches macht er in Unternehmungen aus, in denen unpro­duk­ti­ve Kontrollpositionen bes­ser dotiert sind als pro­duk­ti­ve Jobs.

Nur noch Mist

Wie die Arbeit von Führungspersönlichkeiten der Zukunft aus­sieht, dar­über klärt Prof. Dr. Gunter Dueck regel­mä­ßig hoch dotier­te Manager auf. Der ehe­ma­li­ge tech­ni­sche Vorstand der IBM ist über­zeugt davon, dass nor­ma­le, unpro­ble­ma­ti­sche Arbeit immer mehr von intel­li­gen­ten Systemen erle­digt wird. Er geht davon aus, dass sogar Autos von der Straße ver­schwin­den – auch, wenn Mercedes bis ans Ende der Zeit Lenkräder ein­bau­en will.

Gunter Dueck zu Managern in BWL-gepräg­ten Umgebungen.

Als Effekt der Digitalisierung skiz­ziert er, dass auf Managerschreibtischen nur noch die Probleme lan­den. Eben Dinge, die intel­li­gen­te Systeme nicht selbst lösen könn­ten. ›Und dann haben Sie 90 % Ihrer Tätigkeit mit Mist zu tun‹, beschreibt er die Zukunft der im Auditorium lachend zuhö­ren­den Manager-Elite der deut­schen Industrie.

Kommunikation ist Trumpf

›Wer heu­te als Chef von sei­nen Mitarbeitern ernst genom­men wer­den will, ist kein Kommandant, son­dern Kommunikationsexperte‹, lei­tet Blüher sei­nen Artikel in der Wirtschaftswoche ein. Diese sim­pel anmu­ten­de Forderung ist eine viel­schich­ti­ge Herausforderung. Kommunikation heißt heu­te eben nicht mehr die not­wen­di­gen rhe­to­ri­schen Fähigkeiten drauf zu haben, es bes­ser zu wis­sen, Recht zu haben und zu sie­gen. Zur Kommunikation gehör­ten auch nicht-kogni­ti­ve Eigenschaften, soge­nann­te Soft-Skills.

Abbildung und Genehmigung: FAZ Institut &, Institut für Führungskultur im digitalen Zeitalter (IFIDZ), Frankfurt
Führungskräfte soll­ten mit Medien umge­hen kön­nen und sozia­le Fähigkeiten mitbringen.

Empathie ist eben nicht, den ande­ren aus­re­den zu las­sen, bevor man wie­der über sich selbst wei­ter­spricht. Führungspersönlichkeiten soll­ten noch mehr kom­mu­ni­ka­ti­ve Fähigkeiten mit­brin­gen: Sie müs­sen ver­netzt den­ken und kom­mu­ni­zie­ren kön­nen. Das schreibt sich leich­ter als es in der Praxis ist – dank der Digitalisierung der Arbeitswelt.

Viele Führungspersonen kapi­tu­lie­ren vor den sich immer schnel­ler abwech­seln­den Werkzeugen digi­ta­ler Kommunikation, wie etwa: Team‑, Projekt- und Kollaborations-Software oder Systeme für Instant-Messaging und Online-Konferenzen. Doch eben genau die­se gehö­ren heu­te zum Fähigkeiten-Portfolio von Führungspersönlichkeiten dazu. Und dabei gilt es nicht, der Generation Y zu impo­nie­ren. Es ist schlicht not­wen­dig, sie über­haupt noch zu erreichen.

Schöne neue Welt

Die Zeiten sind vor­bei, als Spam-Filter in der Stellenbeschreibung noch Chef-Sekretärin hie­ßen. Wer sich heu­te noch Telefonate durch­stel­len oder E‑Mails faxen lässt, ist end­gül­tig raus – weil die nächs­te Generation eben schon wei­ter ist.

Genau das mein­te Prof. Dr. Gunter Dueck ver­mut­lich mit sei­nem Ruf in die Runde: ›Man muss wol­len wol­len und nicht war­ten, bis man müs­sen muss!‹ Oder wor­an, glau­ben Sie, liegt es wohl, dass die Apples, Amazons, Googles den ehe­ma­li­gen Made-in-Germany-Pionieren, wie Siemens, Mercedes, VW, Bosch und Co. so weit vor­aus sind?

Warum selbst auf hoher See sich eini­ges ändert, erfah­ren Sie im nächs­ten Teil die­ses Beitrags hier.

Vielen Dank.

Tom Müller, Gruppenintelligenz-Coach

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Quellen

Bildnachweise

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